Herbsttage

1. November 2020 Allgemein

Ein Meer aus Farben begrüßt mich bei den Spaziergängen durch die heimischen Wälder. Die Bäume scheinen um die Wette zu leuchten. Die Vielseitigkeit der unterschiedlichen Blattformen wird jetzt noch um die Bandbreite der ganzen orange-roten Farbpalette erweitert.

Blätter eines Amberbaumes

Nasskalt, sonnigwarm und alles dazwischen. Der Herbst ist da und mit ihm die Schönheit dieser Jahreszeit.

Ich beobachte Tiere, Pflanzen, Insekten und Menschen, die sich für den anstehenden Winter bereitmachen. Sich entschleunigen und gleichzeitig noch einmal das Leben in den letzten Sonnenstrahlen genießen und emsig Vorräte anschaffen (ob wegen Corona oder tatsächlicher Futterknappheit sei einmal dahingestellt).

Ein letztes Mal wohlige Wärme auf der Haut fühlen, auftanken, bis wir uns, wie viele Tiere der heimischen Fauna in unsere behaglichen Behausungen zurückziehen.

Und dort, in meinem Fall backen, Eintöpfe kochen, Lesen und Zeit mit mir und meinen Liebsten verbringen.

Kraniche im Formationsflug

Die weithin markant klingenden Rufe der Kraniche wecken Fernweh. Wir sind für diese eleganten Vögel nur ein Zwischenstopp in wärmere Gebiete. Sie fliegen in Formation um sich gegenseitig Windschatten zu spenden.

Danke an Ralf für das Bild

In den Rheinauen fühle ich mich heimisch. Seit ich denken kann komme ich hier schon zu Besuch. Meine Eltern wohnen in unmittelbarer Nähe, daher lag und liegt es auf der Hand, hier spazieren zu gehen.

Die Natur vor der Haustüre, hier ist sie. Und lädt dazu ein, sie bei jeder Jahreszeit aufs neue zu entdecken.

Heute prasselt der Regen auf meinen Schirm. Dicke Tropfen laufen mir in eine ungeschützte Stelle im Nacken. Kurz schaudern, dann Entspannung.

Der graue Himmel entleert sich über mir. Ich bin dankbar für die Gummistiefel an meinen Füßen und wate durch die überschwämmten Flächen der Rheinauen.

Es ist ein einzigartiges Ökosystem hier. Die Altrheinarme vermitteln mir ein verschwommenes Bild davon, wie sich der Rhein vor seiner Begradigung hier durch die Landschaft mäanderte. Sich seinen Weg selbst bahnen durfte, bevor er von Johann Gottfried Tulla im 19. Jahrhundert* in das schifffahrttaugliche Korsett gezwängt wurde, was wir heute kennen.

Der Hauptstrom liegt nur wenige hundert Meter entfernt und trotzdem wirkt alles urzeitlich, unberührt und in Ruhe gelassen. Ein Rückzugsort vor allem für Tiere aber auch für Besinnlichkeit suchende Menschen.

Blätter werden verweht und gleiten bedächtig auf die Wasseroberfläche herab. Eine Trauerweide wiegt sich rhytmisch im Wind und die silbern schillernden Blätter der großen Pappeln erzeugen einen rauschenden Klang. Das Hintergrundgeräusch der Rheinauen.

Nilgänse

Das Frühwarnsystem hier: Nilgänse. Sie treten immer im Pärchen auf und zetern lauthals um die Wette, sobald sie einen Eindringling in ihrem Revier ausgemacht haben. Ich mit meiner Kamera gehöre natürlich direkt mit dazu, und so weiß bald jedes Tier im Umkreis um meine Anwesenheit und ist auf der Hut.

Aber das macht nichts. Ich bin nur eine kurzzeitige Störung, bleibe auf den Wegen und bin doch überwiegend ungefährlich. Ich mache mich auf den Rückweg. Beim Bäcker vorbei. Zum gemütlichen Frühstück mit frisch gebrühtem Kaffee.

Alles was ich heute mitnehme sind Bilder auf meiner Speicherkarte, eine Klette am Bein und die Eindrücke dieser Jahreszeit.


Quellen:

*https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_Tulla